Die
Entstehung von Dippoldiswalde
"Zwei Meilen von Dresden liegt an der sogenannten
Dippoldiswaldischen Weißeritz, welche gleich unter Altenberg
aus der sogenannten Weicherd entspringt, die Stadt
Dippoldiswalde, deren Ursprung die Sage also berichtet. Es
soll in der Mitte des 10ten Jahrhunderts, wo die ganze Gegend
noch unangebaut und von einem einzigen Walde bedeckt war,
davon man noch einen Felsen den Einsiedlerstein (den
Einsiedel) nennt, ein Eremit, Namens Dippoldus (aus dem
adeligen Geschlechte derer von Clohmen) gewohnt und ein so
heiliges Leben geführt haben, daß er vom Papste canonisiert
ward. Nun hat zur selbigen Zeit Herzog Boleslaus, der
Gottlose, von Böhmen, der an seinem Bruder, Herzog Wenzel dem
Heiligen (nach einigen wäre es jedoch nicht Boleslaus,
sondern Wenzel gewesen), einen Brudermord verübt hatte, vom
bösen Gewissen getrieben, in dieser Gegend häufig, um
dasselbe zu betäuben, dem Waidwerke obgelegen und ist bei
dieser Gelegenheit einmal in die Nähe der Einsiedelei des h.
Dippold gekommen, hat denselben hier angetroffen, sich mit ihm
in seine Klause begeben und ist von dessen heiligen Wandel
dermaßen gerührt worden, daß er sich von ihm taufen ließ,
sich von seinem gottlosen Leben völlig bekehrte und dem
Einsiedler zu Ehren nicht weit von dessen Clause eine Capelle
(da wo jetzt die Stadtkirche steht) erbaute, welche er Sancti
Dippoldi Silva nannte, mit vielen Freiheiten begabte und
den h. Dippold daselbst zum Priester einsetzte, (um 930),
inmaßen die ganze Gegend damals unter böhmischer Herrschaft
stand. In diesem anfänglich nur der Capelle beigelegten Namen
hat nachmals die nachher erst geschaffene Commun Antheil
genommen und die dahin gebaute Stadt Dippoldi Wald oder
Dippoldiswalde genannt, weil schon bei Lebzeiten des
Einsiedlers um diese Gegend der Bergbau also betrieben ward,
daß sich dorthin eine große Anzahl Leute zogen, welche sich
anfänglich im Grunde an der dort vorbeifließenden rothen
Weißeritz ansiedelten, nachmals, als sie durch häufige
Überschwemmungen des Flüßchens beunruhigt wurden, ihren
Wohnsitz auf die Höhe an denjenigen Ort verlegten, wo die
Stadt noch steht. Übrigens ist der heil. Dippoldus, nachdem
er seiner Kirche acht Jahre vorgestanden, gestorben und, man
weiweiß nicht wo, begraben, seine Clause aber von anderen
Einsiedlern nach und nach bewohnt worden, bis Bischoff Johann
VIII. von Meißen aus dem Maltitzschen Geschlechte dieselbe
wegen verschiedener Mißbräuche derselben hat zerstören
lassen [Anm: wahrscheinlich wurden protestantische
Gottesdienste in der Kapelle abgehalten, was Johann VIII zu
dieser Maßnahme veranlasste]. Das Siegel (auch das Wappen auf
der Schützenfahne) der Stadt Dippoldiswalde, auf dem ein
männliches Brustbild mit einem Barte, kreuzweis über die
Brust gezogenen Bändern im blauen Felde, über dem Haupte
aber mit zwei kreuzweis über die Brust gelegten Eichbäumen
nebst ihren Wurzeln abgebildet ist, bewahrt das Andenken des
Heiligen eben so wie der schon genannte Felsen. Sonst zeigt
man noch den nach ihm genannten Einsiedlerbrunnen über dem
Fußsteige in der Nähe desselben, den in Stein gehauenen
sogenannten Einsiedlersitz, bei dem später noch ein Tisch und
einige andere Sitze aus Stein angebracht worden sind, die
Ruinen seiner Clause, die 22 Fuß in der Länge und 18 in der
Breite gehabt haben soll, und einen Stein von mehr als
Mannesgröße in denselben. der des Einsiedlers Tisch und
Bette abgegeben haben soll; sein Keller aber ist schon zu
Anfange des 18ten Jahrhunderts, weil er Räubern zum
Schlupfwinkel diente, zugemauert worden." Quelle:
J.G.Th.Gräße;
Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen; 1. Band;
Neuauflage der Ausgabe von 1874
Dingsda Verlag; ISBN 3-928498-62-2.
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